Onde a terra se acaba e o mar começa – wo das Land endet und das Meer beginnt - mit so einem schlichten Satz hat der portugiesische Nationaldichter Luis de Camoes schon im 16. Jahrhundert
das Wesen und die Lebenswirklichkeit seines Landes treffend umrissen. Am Rande Europas gelegen, den mächtigen Spanischen Nachbarn im Rücken, haben die Portugiesen über Jahrhunderte ihr Heil auf den
Meeren gesucht – und zum Teil auch gefunden.
Um diese Gegend dreht sich dieser Bericht: Portugals Atlantiküste im äußersten Südwesten des Landes
Das kennzeichnet die Nation heute noch. Auch wenn die koloniale Vergangenheit im 20 Jahrhundert ein traumatisches und ruhmloses Ende gefunden hat – das Meer prägt nach wie vor den Charakter des
Landes, seiner Bewohner, seiner Kultur, seine Identität.
Portugals Blickrichtung - hinaus aufs Meer
Spurensuche am Ozean
Ein Besuch des Meeres am Rande Europas ist immer eine spannende Sache. Hier geht es um den Südwesten, genauer gesagt, die Algarve, Portugals südlichen Zipfel und
den nördlich daran anschließenden Teil des Alentejo Litoral.
Die bewegte Atlantikküste begleitet Portugal im Westen wie im Süden
Vielen ist vor allem die Südküste mit ihren rötlichen Felsen ein Begriff, die Algarve umfasst aber mehr. Vor allem die Westküste, die Costa Vicentina, bietet jede
Menge Ozean für neugierige Entdecker. Und natürlich jede Menge Fotomotive.
Im Westen der Algarve bei Carrapateira
Wilder Atlantik
Portugals Westküste ist lang und hat zahlreiche Strände, von denen einige mittlerweile sogar weltberühmt sind, zum Beispiel der Surfstrand von Nazaré nördlich von
Lissabon mit seinen Monsterwellen. Weiter im Süden ist das Küstenland aber weit weniger dicht besiedelt und bietet dem Reisenden Traumstrände jeglicher Größe, die er – zumal im milden November – ganz
für sich allein haben kann.
Der Strand von Cordoama ist vor allem bei Gleitschirmfliegern beliebt. Die heftigen Aufwinde dort tragen die Flieger vom Küstensaum in luftige Höhen.
Der Naturpark Südwest-Alentejo und Costa Vicentina erstreckt sich über eine Länge von 80 km zwischen Sao Torpes im Norden bis in den Süden beim Cabo de Sao Vicente,
dem südwestlichsten Punkt Festland-Europas.
Der Leuchtturm von Cabo Sao Vicente bewacht Europas südwestlichsten Zipfel
Hier im Westen bemüht man sich schon länger um nachhaltigen Tourismus, neben der Enwicklung aufstrebender Surfzentren ist vor allem das Wandern populär geworden.
Ein 450 Kilometer langes Wanderwegenetz, darunter der mittlerweile recht bekannte Fischerpfad, ziehen Wanderlustige aus ganz Europa an, die mit ihren mächtigen Rucksäcken in der ganzen Gegend
unübersehbar sind.
Wanderer an der Westküste genießen traumhafte Panoramen - hier südlich von Sines am Strand von Samoqueira
Steingewordene Entwicklungsgeschichte
Hinter den Stränden erheben sich Steilküsten mit einer unglaublichen Vielzahl geologischer Phänomene. Bunte Felsen in allen möglichen Varianten und
Verwerfungsformen, die man kaum für möglich hält.
Steinzeichnung am Strand von Porto Covinho
Buntes Schiefergestein bei der Praia de Armoreira
Weiter nördlich bei Almograve präsentiert sich der Schiefer in Blau
Wer sich für Geologie begeistert, kann wohl darin lesen wie in einem Buch. Aber auch für Laien sind solche steingewordenen Farben und Formen
faszinierend.
Es ist zum Steinerweichen - an der Praia de Malhao
Unglaubliche Erosionsformen an der Praia di Marinha im Süden
Der milde Süden
Als Gegenentwurf zum wilden Westen der Gegend bietet sich natürlich die Südküste der Algarve mit ihren berühmten Küstenfelsen an. Dort haben sich schon vor vielen
Jahren Menschen aus anderen Ländern, vor allem aus Großbritannien, aber auch aus Mitteleuropa, angesiedelt.
Die Südküüste der Algarve ist ein Tourismus Hotspot - schön, aber überlaufen
Das ist eine andere Welt mit allen Kennzeichen des ungebremsten Massentourismus, laut, überfüllt und auch im November keinesfalls ruhig. Wie in allen
Gebieten des internationalen Massentourismus leidet die einheimische Bevölkerung unter Wohnungsknappheit und einem überhöhten Preisniveau.
Die bunte Felslandschaft an der Südküste ist stärker durchlöchert als ein Schweizer Käse.
Einen Tagesbesuch aber ist die Gegend schon wert. Die Felslandschaften an der Küste sind ebenso berühmt wie eindrucksvoll.
Auch im milden Süden demonstriert der Atlantik zuweilen seine Kraft
Natürlich werden dort auch Touristen „gemolken“ wie an allen internationalen Hotspots. Die Bootsführer zur berühmten Höhle von Benagil mit ihrem Lichtloch in
der Decke haben jede Menge zu tun, im Minutentakt fallen die Schaluppen tagtäglich ein.
Blick nach Westen bei Benagil
Gerne kehrt man als Tagesbesucher wieder in den wilden Westen zurück.
Nach einem langen Reisetag schätzt man die Ruhe und Einsamkeit an der Westküste umso mehr
Die Menschen und ihre Sprache
Im Westen der Algarve werden Reisende nicht gemolken, sondern sie finden ein abwechslungsreiches Land mit freundlichen und höflichen Menschen vor, die vielfach recht gut Englisch sprechen.
Das erleichtert das Leben, denn die portugiesische Sprache hat es in sich. Geschrieben ist sie einigermaßen verständlich, gesprochen aber nicht.
An der Praia de Bordeira mündet die Ribeira da Carrapateira ins Meer und bildet eine kleine Lagune
Dankbar registriert man, dass das weite Land jede Menge Platz für alle neugierigen Besucher bietet und kein Touristennepp an Parkplätzen und ähnlichen Stellen
stattfindet.
Die Sandbänke an der Praia de Bordeira - ein kleines Stück Wüste
Das Landesinnere
Die küstennahe Sierra de Monchique ist ein Mittelgebirge, das auf knapp 1000 Meter ansteigt und dort beinahe hochalpinen Charakter annimmt. Ein Kontrastprogramm
zu den Küstenstreifen, aber nicht unbedingt ein Grund, nach Portugal zu reisen.
Ein Korkeichenhaim in der Serra de Monchique
Sehenswert sind die Korkeichenhaine, die alle neun Jahre ihre Rinde der Korkindustrie stiften müssen, das aber erstaunlicherweise gut verkraften. Portugal ist nach
wie vor Weltmarktführer bei der Korkgewinnung. Zwar werden heute immer weniger Flaschen mit Korken verschlossen, dafür gewinnt das Material zunehmend Bedeutung als Baustoff und nachhaltiges
Naturmaterial.
Sonnenuntergang an der Praia do Almograve
Der Abschied vom Meer fällt schwer
Am Ende einer solchen Reise freut man sich, wieder ein schönes Stück der Welt entdeckt und auch ein bisschen verstanden zu haben. Die mitgebrachten Bilder helfen
bei der Erinnerung und bleiben Dokumente des Erlebten.
Tschüss Meer, tschüss Strand, was bleibt ist eine goldene Erinnerung.
Aber wie immer gilt der sentimentale Spruch „partir e sempre um puoco como morrer“ wie es ein Portugiese formulieren würde. Das passt zum Thema: Saudade, die ritualisierte Form der Melancholie,
ist bekanntlich portugiesisches Kulturerbe.
Nach Sonnenuntergang am Pontal de Carrapateira