„Warum nach Südafrika? Das ist doch dort so gefährlich. Zu viel sozialer Sprengstoff, zu viel Kriminalität. Warum, zum Teufel, sucht man sich so ein Land dann als Reiseziel aus?"
Ganz einfach: Weil es eines der vielfältigsten und eindrucksvollsten Reiseländer auf unserem Planeten ist. Weil es eine einmalige Fauna und Flora sein eigen nennt. Weil es auf überschaubarem Raum nahezu alle Landschaftsformen bietet, die es auf der Welt gibt. Und natürlich nicht zuletzt, weil das Klima mild und das Wetter meist freundlich ist. Während in unserem April die Witterung launisch ist, herrscht auf der Südhalbkugel Herbst und am Indischen Ozean kann man sich auf stabilen Sonnenschein bei schmeichelhaften Temperaturen von gut 20 Grad einstellen. Traumhaft.
Die Reiseroute ging von Johannesburg über den Krüger-Nationalpark im Osten, dann weiter nach Süden, zum Indischen Ozean; dort entlang der berühmten Garden Route ins Weinland am Kap mit dem Abschluss am angeblichen schönsten Ende der Welt, dem Kap der guten Hoffnung.
Zu den wilden Tieren
Der „Krüger“ ist nicht einfach „der größte Zoo der Welt“ wie vielfach geschrieben wird, sondern ein gehöriges Stück gerettete Wildnis, etwa so groß wie Rheinland-Pfalz. Allerdings Wildnis mit einigen Straßen, auf denen man das Gebiet durchkreuzen kann. Mit dem Auto, anders geht es nicht. Das Auto dient nicht nur dem Vorankommen, sondern auch der Sicherheit. Aussteigen ist strengstens verboten. Die Tiere sind die Blechkisten gewohnt und ignorieren sie, so lange Türen und Fenster der Wagen geschlossen sind.
Eine Fahrt durch diesen Park ist ein unvergessliches Erlebnis. Schon nach wenigen Metern die erste Elefantenbegegnung: nicht etwa in weiter Ferne, nein, direkt neben der Straße brach er durchs Gebüsch und kam ganz nahe. Fluchtreflexe tun sich da spontan auf, später wurden wir gelassener bei der Begegnung mit den graubraunen Riesen. Ohne natürliche Feinde in ihrem Lebensraum haben sie eine ungeheure Souveränität an ihrem dicken Leib.
Elefanten sind Vegetarier, ebenso wie Antilopen, Gnus, Zebras, Nashörner, Giraffen, Büffel, Warzenschweine und Nilpferde. Alle haben sich uns gezeigt. Die Fleischfresser hingegen haben sich vornehm zurückgehalten. Ein Schakal, eine Hyäne, ein paar Krokodile – mehr gab‘s nicht. Allerdings eine Menge Paviane, die in Südafrika ziemlich groß ausfallen und als wild und gefährlich gelten. Sie sind äußerst klug und geschickt und von einer umwerfenden Frechheit. Diese Kerle verlassen zuweilen den Park und gehen auf regelrechte Raubzüge in die Touristencamps. Sie können Kühlschränke öffnen und klauen alles, was fressbar ist. Dann machen sie sich mit ihrer Beute aus dem Staub. Man erzählt auch von Pavianen, die unvorsichtigen Besuchern des Parks durch das offene Autofenster die Kamera entreißen und damit fliehen. Dass sie damit etwas anfangen können, ist zu bezweifeln. Denn obwohl die Tiere als hochgradig intelligent gelten, hat sie noch niemand beim Fotografieren erwischt.
Drei Tage im Krüger Park sind ein so dichtes Tiererlebnis, dass man sein Leben lang etwas davon hat. Reich beschenkt und tief beeindruckt verlässt der Reisende das Areal, und er hat - so ist zu hoffen - den Wert geschützter Natur einigermaßen verstanden. Trotz Touristen in ihren Blechbüchsen, so ein Reservat ist für die Erde überlebenswichtig.
Swasiland und Zululand- das schwarze Herz der Region
Will man einen allzu großen Umweg um den Gebirgszug der Drakensberge herum vermeiden, muss man die Route quer durch Swasiland einschlagen. Swasiland ist ein selbständiger Staat zwischen Südafrika und Mosambik. Das merkt der Reisende an der Grenze, wenn er sämtliche Zoll- und Passformalitäten – die wir in Europa schon fast vergessen haben - über sich ergehen lässt, inklusive Ein- und Ausfuhrgenehmigung für den benutzten Mietwagen. Das Land der Swasis verkörpert eine der letzten absoluten Monarchien dieser Welt. König Mswati III. herrscht äußerst aufwendig - unter Einsatz von zurzeit 13 Ehefrauen und mindestens ebenso vielen Mercedes-Limousinen mit vergoldeten Nummernschildern - über etwa eine Million Untertanen. Ein Parlament existiert, hat aber nur beratende Funktion.
Der Staat versucht, seine klammen Finanzen durch Casino-Tourismus aufzubessern und hat dafür nahe der Hauptstadt Mbabane entsprechende Einrichtungen geschaffen. So kommt es, dass der Reisende in diesem Entwicklungsland eine überraschend professionelle touristische Infrastruktur vorfindet.
Wir haben Swasiland in voller Länge von Nord nach Süd durchquert und dabei mehrere Klima- und Vegetationszonen durchfahren: von „Highveld“ im Gebirge (knapp 2.000 Meter) über das „Middleveld“ mit der Hauptstadt hinunter ins „Lowveld“, wo das Land der Zulus beginnt. Anders als Swasiland ist das Land der Zulus kein selbständiges Königreich mehr, obwohl es nach wie vor einen Zulukönig gibt. Der hat aber eher folkloristische Funktionen, denn das Zululand ist politisch Teil der südafrikanischen Provinz KwaZulu-Natal. Darin leben neben Zulus auch Menschen indischer Herkunft und natürlich einige Prozent Weiße, zumeist mit britischem Migrationshintergrund.
Das „schwarze“ Zululand ist ländlich, traditionell afrikanisch kultiviert und dicht besiedelt. Kleine Landwirtschaften zur Selbstversorgung prägen das Landschaftsbild. Und mitten drin der älteste südafrikanische Nationalpark Hluhluwe-Imfolozi, der uns aber nicht so recht an seinem reichen Bestand an Nashörnern und Elefanten teilhaben lassen wollte. Es gibt einfach keine Garantie für das Auftauchen von Wildtieren. Um diese Erfahrung reicher suchten wir unser Nachtquartier – eine einsame Game Lodge – auf, wo wir dank Nebensaison die einzigen Gäste in der gesamten Anlage waren.
Zum Indischen Ozean
Durch endlos scheinende Eukalyptuswälder – Resultat eines brachialen Aufforstungsprogramms zur Rohstoffversorgung der Papierindustrie – nähert man sich auf der Nationalstraße 2 der Küste. Nach links geht es in die Wetlands an der Lagune von St. Lucia, wo es reichlich Krokodile und Nilpferde geben soll, gerade aus aber stößt man mit etwas Geduld an die Küste des Indischen Ozeans. Ein Urerlebnis. Kilometerlange Sandstrände, menschenleer. Brandungswellen biblischen Ausmaßes. Blauer Himmel, eine lachende Sonne und das untrügliche Gefühl, wieder einmal an einem ganz besonderen Ort angekommen zu sein.
Die Strände nördlich und südlich der Millionenstadt Durban sind ein subtropisches Bade- und Freizeitparadies. Im Norden vornehm, im Süden trubelig. Gerne haben wir uns – wenn auch nur für eine Nacht – im vornehmeren Norden einquartiert. In Umhlanga Rocks haben wir erstmals auf unserer Reise städtisches Ambiente wirklich genossen, der Ort hat Stil, Klasse und unter anderem auch ein hervorragendes Thai-Restaurant, in dem wir köstlich und preiswert zu Essen bekamen.
Durban, die größte Hafenstadt des Landes, gehörte nicht zu unseren Zielorten, wir nutzten nur den Flughafen der Stadt, der auf den schönen Namen „King Shaka Airport“ hört. King Shaka war ein berüchtigter Zulukönig im 19. Jahrhundert, der auf blutrünstige Weise seinen Machtbereich ausbaute und in manchen Geschichtsbüchern als „afrikanischer Napoleon“ geführt wird. Das lehrt uns, dass Grausamkeiten und Ungerechtigkeiten in diesem Kontinent nicht nur von Weißen ausgingen, was nichts entschuldigt, aber einmal mehr zeigt, dass man mit Untaten in der Geschichtsschreibung weit mehr Würdigung findet als mit in unserem Verständnis „guten“ Taten.
Von King Shaka aus ging es also per Inlandsflug nach Port Elizabeth. Man überfliegt dabei die „Wild Coast“, eine Region mit herrlichen, aber weitgehend unzugänglichen Küsten, in der die Bevölkerung ganz besonders unter den Nachwirkungen der unseligen Apartheit-Politik leidet. Damals wurden große Teile der schwarzen Bevölkerung in pseudoselbständigen „Homelands“ angesiedelt - Länder, die von vornherein nicht lebensfähig waren und von der Staatsmacht in Pretoria am langen Arm ausgehalten wurden. Der Tourismus meidet diese Gebiete, wohl aus Mangel an Infrastruktur. So ist es für den gemeinen Europäer eher schwierig, zum Beispiel nach Umtata, der Hauptstadt der Transkei, zu gelangen.
Addo – das Elefantenland
Von Port Elizabeth – einer Stadt mit 1,7 Millionen Einwohnern und Ablegern aller bedeutenden europäischen Automobilkonzerne – gelangt man in ein Naturparadies ganz besonderer Art: der Addo Elephant National Park ist berühmt für seine reiche Elefanten-Population. Anders als im Krüger-Nationalpark, wo man einzelne stattliche Exemplare bewundern kann, kann man im Addo besonders gut das Familienleben der grauen Riesen studieren. Dank der Übersichtlichkeit des Gebiets sieht man die Herden mit ihren Jungtieren schon von weitem, kommt ihnen aber auch ganz nahe. Unvergesslich das abendliche Ritual des Treffens am Wasserloch. Alle Rüsselträger, groß und klein, trafen sich wie verabredet am zentralen „drinkgaat“ (das ist Afrikaans) tranken, vergnügten sich ein wenig mit dem kühlen Nass und gingen nach 20 Minuten diszipliniert wieder auseinander. Und als sie fertig waren, trauten sich die bis dahin in sicherer Distanz wartenden Zebras ans Wasser und nahmen ihren Abendschoppen. Es war ein sehr eingängiges und berührendes Schauspiel.
Die Garden Route – die gute Stube des Landes
Von Port Elizabeth bis Mossel Bay 200 Kilometer westlich zieht sich die berühmte „Garden Route“ an der Südküste entlang. Die Schönheit dieser Region konkurriert heftig mit der der vorherrschenden Wetterlage. Denn 300 Sonnentage im Jahr sind hier normal. Gekrönt wird dieses Juwel durch den langgestreckten Tsitsikama Nationalpark, zu dem das Küstengebirge mit seinen natürlichen Waldgebieten, Schluchten und Tälern ebenso gehört wie ein traumhafter Küstenstreifen mit den schönsten Stränden und den eindrucksvollsten Brandungswellen der Welt. Man kann dem Meer stundenlang beim Branden zusehen und es wird nie langweilig. Jede Welle ist anders und jede kann vielleicht noch höher hinaus als die vorherige.
Dazu eine Pflanzen - und Tierwelt, die für uns exotisch und sehenswert zugleich ist. Unzählige Heidearten machen aus dem „Fynbos“, dem niederen Bodenbewuchs außerhalb der Wälder, ein Panoptikum an Farben. Seltene Austernfischer und verfressene Kormorane kann man an den Küstenfelsen in großen Scharen beobachten. Und über allem lacht die Sonne, wie gesagt, mindestens 300 Tage im Jahr, also zu allen Jahreszeiten.
Als Juwel dieses Küstenabschnitts gilt die Stadt Knysna. Ein Ferienort an einer weiten blaugrünen Lagune, der mit einem feudalen Yachthafen und kosmopolitischer Infrastruktur prunkt. Was uns an diesem Ort aber viel mehr beeindruckt hat, ist das brutale Sichtbarwerden sozialer Gegensätze. Oberhalb der berühmten Lagune, noch in deren Sichtweite, befinden sich bedrückende Elendsquartiere mit hastig zusammen-gezimmerten Behausungen, die man nur mit Mühe als Hütten bezeichnen kann. Solche Quartiere bekommt man beim Bereisen des Landes überall und immer wieder zu sehen, selten aber ist das Bizarre und Widersprüchliche so auf- und eindringlich wie an diesem Rivieraort.
Die Kleine Karoo – das Land der Strauße
Nördlich der Garden Route befindet sich jenseits des Küstengebirges die sogenannte Kleine Karoo, eine trockene Halbwüste, der in hartnäckiger Siedlerarbeit fruchtbare Äcker und Weideland abgerungen wurden. Um dort hinzugelangen, kann man einen der Pässe befahren, die von Pionieren des Straßenbaus Ende des 19. Jahrhunderts über die Berge getrieben wurden. Liebhaber staubiger Schotterpisten mit einer Vorliebe für enge Haarnadelkurven finden hier ein kleines Paradies. Wir haben uns über den Prince-Albert Pass hinüber in die kleine Karoo gekämpft und weil‘s so schön war gleich den berüchtigten Swartberg-Pass über die Gebirgskette dahinter Richtung Große Karoo drangehängt. Wer „die Top“ (die Passhöhe) erreicht hat, wird mit Ausblicken nicht unter 50 Kilometern belohnt.
Die kleine Karoo ist Burenland, ihre Siedler sprechen Afrikaans. Ihr Kernstück ist die Stadt Oudshoorn, das Zentrum der südafrikanischen Straußenzucht. Waren es früher die Federn, ist es heute eher das Fleisch, das diesen Wirtschaftszweig beflügelt. Die Straußenbarone der Stadt sind darüber im wahrsten Sinn des Wortes stinkreich geworden und haben entsprechende Immobilien in die karge Landschaft gesetzt. Wir haben in „De Zoekes Guestfarm“ ein sehr schmackhaftes Straußensteak serviert bekommen und dann unter einem traumhaften Sternenhimmel das Kreuz des Südens entdeckt. Am folgenden Tag sollte es wieder an die Südküste gehen, nächstes Ziel: Hermanus, das Zentrum des südafrikanischen Whale Watchings.
Wieder am Meer
Zum Zeitpunkt unseres Besuchs war Hermanus aber wallos. Die tiefe Walker Bay, an der dieser völlig uferlose Ferienort liegt, wird von den Meeressäugern erst ab Juli aufgesucht, um sich im südafrikanischen Winter zu paaren und ihre Kälber aufzuziehen. Uns hat die Bucht außer einigen spektakulären Surfern vor allem einen denkwürdigen Sonnenuntergang beschert, der in diesen Breiten allerdings nur eine Angelegenheit von wenigen Minuten ist. Die Sonne stürzt steil ins Meer, und verlischt kurz darauf. Es wird sehr früh finster.
Das muss man wissen. Die Abende sind lang und meist wird einem geraten, sie nicht draußen zu verbringen. Die Vorsicht, die einem ständig geraten wird, ist sicherlich angebracht. Das Land hat ein Problem mit der Sicherheit seiner Bürger. Davon zeugen meterhohe Steinmauern mit Stacheldrahtbewehrung rund um bürgerliche Wohnviertel. Das ist der Preis, den man für die jahrzehntelange Ausgrenzung der Bevölkerungsmehrheit zahlt. Kriminalität und Gewaltbereitschaft sind traurige Randerscheinungen dieser immer noch gespaltenen Gesellschaft, mit dem sie über Gebühr zu tun hat und wahrscheinlich auch noch lange nicht fertig werden wird.
Fazinierende Küsten, gefährliche Strände
Der Weg von Hermanus zum nächsten Etappenziel Stellenbosch gehört zu den landschaftlich reizvollsten Abschnitten der ganzen Reise, vorausgesetzt man nimmt den weiteren Weg an der Küste entlang in Kauf. Die Fahrt über Orte mit so hübschen Namen wie Kleinmond, Betty’s Bay oder Pringle Bay führt am Ostufer der False Bay entlang. Im Westen grenzt diese Bucht an die Kaphalbinsel, die vom gegenüber liegenden Ufer bei klarem Wetter gut zu sehen ist. Die False Bay ist ein Badeparadies, denn sie profitiert noch vom warmen Wasser des Indischen Ozeans. Weiter im Westen, jenseits des Kaps der guten Hoffnung, wird’s atlantisch und damit kalt.
Allerdings müssen sich die Schwimmer in Acht nehmen, denn die False Bay wird nicht nur von Ihnen, sondern auch gerne von Haien aufgesucht. Um diesen gefräßigen Zeitgenossen nicht allzu viel Gelegenheit für ein zünftiges Vesper zu geben, hat man einen Wachdienst organisiert, der wirklich ununterbrochen im Einsatz ist. Der „Shark Spotter“ steht erhöht am Rande der Bucht und schlägt Alarm, sobald eine Rückenflosse mit der charakteristischen Dreiecksform auftaucht. Keine übertriebene Vorsichtsmaßnahme, die Haie in dieser Gegend scheinen nicht so harmlos wie die meisten ihrer Artgenossen an anderern Orten zu sein. Mehrere Gedenksteine erinnern an Hai-Opfer an dieser Bucht.
Stellenbosch – schwarz und weiß zugleich
Stellenbosch, die alte Universitätsstadt, wirkt gar nicht afrikanisch. Zumindest nicht architektonisch. Die prächtigen weiß gestrichenen Stadthäuser und die zahlreichen Kirchen gemahnen eher an eine holländische Kaufmannssiedlung. Die Hauptgeschäftsstraße heißt bezeichnenderweise „Dorpstraat“. Aber die Menschen in den Straßen sind mehrheitlich dunkelhäutig. An der altehrwürdigen Universität der Stadt hingegen sind die Studenten zu zwei Drittel weiß; in Stellenbosch lehrt man meist in Afrikaans, das ist die Sprache der Weißen und der Mischlinge, nicht aber die der Schwarzen. Die sprechen Xhosa, Zulu, iSwasi oder eine der anderen 13 offiziellen Landessprachen. Im Zweifelsfall verständigt man sich auf Englisch. So ist auch in sprachlicher Hinsicht die Spaltung der Nation auf lange Zeit festgeschrieben.
Stellenbosch ist aber auch das Zentrum der Südafrikanischen Weinkultur. Und die hat es in sich. Hier gedeihen großartige Tropfen mit weltweiter Reputation. Und die Winzer verstehen ihr Handwerk, wovon man sich jederzeit im ganzen Land überzeugen kann. In allen größeren Supermärkten findet man ein reichhaltiges Weinangebot, obwohl der Verkauf alkoholischer Getränke ansonsten den lizensierten „Liquor Stores“ vorbehalten ist. Merke: Wein bekommst du jederzeit im Supermarkt, Bier hingegen nur im Alkoholladen. Die Logik dahinter bleibt dem ratlosen Besucher verborgen.
Kapstadt und die gute Hoffnung
Wendet man sich von Stellenbosch gegen Westen, so erreicht man in kurzer Zeit Kapstadt und damit die Atlantikküste. Auch wenn man es anders im Kopf hat. Kapstadt liegt mitnichten an der Südküste, sondern an der Westküste Südafrikas. Der kalte Atlantik liegt vor der Stadt, in Sichtweite Robben Island, die ehemalige Gefängnisinsel.
Kapstadt gilt als eine der schönsten Städte der Welt. Das liegt nicht unbedingt an der Schönheit der städtischen Bauten, sondern an der Lage am Fuß des Tafelbergs. Mitten im Häusermeer erhebt sich der Signal Hill, der denkbar beste Aussichtspunkt auf Stadt, Berg und Meer. Beeindruckend die Panoramen in Richtung Hafen, City und die vornehmen Wohnviertel im Westen. Dort befinden sich mit Clifton, Camps Bay und weiter südlich in Llandudno die teuersten und vornehmsten Lagen der südlichen Hemisphäre.
Unvollständig wäre ein Besuch Südafrikas allerdings ohne den emotionalen Höhepunkt einer solchen Reise. Das Kap der guten Hoffnung. Nicht der südlichste, aber der ausgesetzteste Punkt des Kontinents in Richtung Antarktis. Die ist im Übrigen noch verdammt weit weg wie alle anderen Landmassen dieser Erde. Wenn man am Kap Point steht und auf das Kap hinunterblickt, kann man die Randlage dieses Punktes förmlich spüren. Dieser besondere Platz zieht Menschen aus aller Welt in den Bann. Man hört alle möglichen Sprachen. Menschen aller Rassen und Hautfarben lassen sich begeistert vor den zweisprachigen Hinweistafeln fotografieren.
Das schönste Ende der Welt? Wer will das entscheiden? Sicherlich aber ein schönes und unvergessliches Ende einer langen Reise.
Was bleibt? Dieses Land ist beeindruckend, erstaunlich, spannend, hinreißend und stellenweise erschreckend. Vor allem für den Besucher, der von außerhalb kommt. Die Menschen im Land gehen mit den unübersehbaren sozialen Gegensätzen und Konflikten weitaus pragmatischer um, denn sie sind seit Jahrzehnten Realität.
Ob diese Gesellschaft mit ihrem unermesslichen Reichtum einerseits und der bitteren Armut andererseits jemals so etwas wie Normalität in unserem Verständnis erreichen wird? Vielleicht wäre schon ein wichtiges Ziel erreicht, wenn man nicht mehr von Weißen, Schwarzen oder Farbigen spräche, sondern einfach nur von Menschen.
Das müsste eines Tages doch zu schaffen sein.
(Frühjahr 2013)